Das ist das Haus vom ...

Ein Spielhaus für Pinke–Panke!
Rückblicke und Ausblicke von Annika Henze.
 
März 2007
"Liebe Annika,gute Nachricht! Wir bekommen das Geld– definitiv, alles und fast sofort.
Viele Grüße Rosi."

 
Ich sitze in einem verlassenen Nest im Spreewald und in Berlin werden die Weichen ohne mich gestellt. Ich starre auf mein Handy und versuche die soeben erhaltene Nachricht zu begreifen. Nun endlich, nach vielen Jahren des Bauens im ersten Gang - gelegentlich im zweiten, oft auch im Leerlauf, - soll es auf einmal im fünften weiter- und zu Ende gehen? Das hätte vor kurzem wohl niemand gedacht.
 
Am 16.03.2007 findet auf dem Kinderbauernhof Pinke-Panke in Berlin Pankow ein Gespräch zwischen der Projektleitung des Kinderbauernhofes, dem Vereinsvorstand von Spielraum Pankow e.V., dem Architekturbüro Dr. Krause Architekten sowie einer Mitarbeiterin von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung statt. Im Ergebnis dieses Gespräches werden uns für den Bau und die Fertigstellung unseres Spielhauses auf dem Kinderbauernhof finanzielle Mittel in einer Größenordnung zugesagt, von denen wir nicht zu träumen gewagt hätten.
 
Meine Gedanken gehen zu den letzten Monaten und Jahren zurück, die mühseligen Antragsverfahren, das Bitten und Betteln um Geld, die Hoffnungen, die Absagen, der Kampf um Kleinstbeträge, damit wir irgendwie an unserem Spielhaus weiterbauen können. Und nun soll das auf einmal alles vorbei sein. Dabei haben wir viel geschafft in den letzten Jahren, Schritt für Schritt, mit wenig Geld und viel Enthusiasmus, Eigenleistungen und Projektarbeit.
1998 - Der Kinderbauernhof existiert schon seit Anfang der 90er Jahre und erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Gerade in den Sommermonaten scheint es so, als würde der Hof aus allen Nähten platzen. Dafür ist es im Winter manchmal so kalt, dass sich nur wenige Kinder hierher verlieren. Wir beschließen deshalb, ein Spielhaus zu bauen - mit ausreichend Platz für alle Kinder, mit richtigen Toiletten, mit einer Heizung und mit Räumen zum Spielen, Toben und Ausprobieren.
1999 - Mit Hilfe des Architekturbüros Pieper und Partner wagen wir uns an die große Unternehmung heran. Bauantrag und Baugenehmigung machen aus den Träumen zumindest Realitäten auf Papier.
2000 und 2001 - Mit unseren Träumen auf Papier sammeln wir Geld und Geld und Geld. Uns wird dabei ganz schnell klar, dass da ein ganzer langer Weg vor uns liegt. Auch auf unsere Heizung und die Toiletten werden wir wohl noch einige Jahren verzichten müssen.
2002 - Im September ist es soweit. Wir beginnen mit dem ersten Bauabschnitt. Es entstehen Fundamente und Sockelaufmauerungen. Der Fachwerkaufbau beginnt. Durchgeführt werden diese Arbeiten von Mitarbeitern des Kinderbauernhofes und Studenten der FH Eberswalde Fachrichtung Holztechnik.
2003 - Bis zum Herbst des Jahres ist das Fachwerk im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss sowie der Dachstuhl des Nebenhauses fertiggestellt, zum Jahresende ein Teil des Daches eingedeckt, das Haupthaus mit einem Notdach versehen, das Gebäude winterdicht. Wir haben den ersten großen Abschnitt geschafft.

Oktober 2004 "Frau Henze, Sie haben den Job".
 
Ich erhalte die Nachricht, dass ich ab November als Projektleiterin für den Verein Baufachfrau Berlin e.V. arbeiten werde und ein Lehmbauprojekt auf dem Kinderbauernhof Pinke-Panke durchführen soll. 17 MitarbeiterInnen, Frauen und Männer zwischen 20 und 60 Jahren, von ungelernt bis diplomiert, wir alle - mit wenigen Ausnahmen - ohne die nötigen Erfahrungen im Lehmbau. Nachdem ich jahrelang selbständig und eigenverantwortlich für Architektur- und Ingenieurbüros gearbeitet habe, ist das eine ganz neue Herausforderung, die mir anfangs gehörigen Respekt einflößt.
2004 - Zusammen mit einer Bauzeichnerin treiben wir die Ausführungsplanung voran. Im Februar beginnen wir mit dem Innenausbau. Es werden Fundamente für Stützen und Innenwände gebaut sowie Innenwände im Erdgeschoss und 1.Obergeschoß gemauert. Die Außenwände werden für die Lehmbauarbeiten vorbereitet. Im April beginnen die Lehmarbeiten und dauern bis in den September hinein. Ende Oktober sind die Lehmarbeiten im EG und 1.OG fertiggestellt, der Innenausbau ist weiter fortgeschritten und der Dachaufbau im Haupthaus beendet, so dass zum Jahres- und Projektende das Spielhaus erneut winterdicht ist.
Die Kombination aus Planungs- und Organisationsaufgaben im Büro, der Objektbetreuung und Bauüberwachung auf der Baustelle, der täglichen (Sozial)Arbeit mit und an meinen Mitarbeitern, das hohe Maß an Improvisation und Einfallsreichtum - auch aufgrund der eingeschränkten finanziellen Mittel - hat für mich inzwischen den Reiz dieses Projektes ausgemacht. Nach einer kurzen Babypause kehre ich im Juni 2005 zurück und bin seitdem als "Mini-Mitarbeiterin" für den Kinderbauernhof tätig und arbeite und kämpfe für unser Spielhausprojekt weiter.
2005 - Im April ist das gesamte Dach des Spielhauses mit Dachsteinen eingedeckt. Seit April arbeiten wir mit einem weiterem Kooperationspartner zusammen, dem Oberstufenzentrum Bautechnik I der Knobelsdorff-Schule, das im Rahmen der Berufsvorbereitung- und Berufsausbildung alle weiteren Lehmarbeiten am Spielhaus durchführt. Diese dauern bis zum Dezember des gleichen Jahres an. Im Dezember beantragen wir eine Förderung aus der Sparkassenlotterie "PS - Sparen und Gewinnen" und erhalten 15.000 € für den Bau von Fenstern und Türen.
2006 - Ab März sind die Auszubildenden des OSZ wieder vor Ort und arbeiten bis Anfang Dezember am Innen- und Außenputz. Im April beteiligen wir uns an der Aktion "Verrückt nach Familie" - Rama fördert die 100 schönsten Projekte für flexible Kinderbetreuung mit je 5000 €. Unter mehr als 6000 Bewerbern wird der Kinderbauernhof nicht berücksichtigt. Im Juli beginnt das OSZ Bautechnik I mit dem Bau von Fenstern und Türen, die im November und Dezember des selben Jahres eingebaut werden. Im Juli bewerben wir uns um den Stiftungspreis 2006 "Der beste Spiel- und Freizeitplatz - attraktiv, innovativ, kostengünstig". Wir erhalten eine besondere Anerkennung und den "inoffiziellen 2.Preis". Die 15.000 € Preisgeld für den 1.Platz gehen an ein Projekt in München. Im September beantragen wir eine Sonderzuwendung für die Herstellung eines Abwasseranschlusses und erhalten eine klare Ablehnung. Im Dezember stellen wir einen Antrag auf Bewilligung von Geldern aus dem "Mannesmann-Verfahren" und werden bei mehr als 4000 Bewerbungen nicht berücksichtigt. Zur gleichen Zeit beginnt die Universal-Stiftung Helmut-Ziegner mit der Verglasung der Fenster und Türen für unser Spielhaus.
2007 - Am 19. Februar findet auf dem Kinderbauernhof aus Anlass der Preisverleihung der Stiftung "Lebendige Stadt" ein Empfang und Pressetermin statt. Anwesend ist auch die Staatssekretärin für Bauen und Wohnen von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Frau Hella Dunger-Löper, Jurymitglied und Unterstützerin unseres Spielhausprojektes. Im März erhalten wir die Zusage für eine umfangreiche finanzielle Unterstützung zur Fertigstellung des Spielhauses. Im April wird dafür der Antrag eingereicht. Im Mai sollen die Bauarbeiten für den letzten und umfangreichsten Bauabschnitt beginnen. Dazu gehört insbesondere der Anschluss des Gebäudes an die Abwasserentsorgung, die Heizungs-, Sanitär- und Elektroinstallation sowie der gesamte Innenausbau und die Gestaltung der Außenanlagen. Besonderer Wert wird dabei auf den Einsatz erneuerbarer Energien wie Erdwärme und Solarenergie und ökologisch unbedenklicher Baustoffe gelegt.
2008 - Geplante Fertigstellung des Spielhauses und feierliche Übergabe an seine künftigen Nutzer.
Ich denke an die kommenden eineinhalb Jahre, die Bauarbeiten an unserem Spielhaus, die im Einklang mit der täglichen Arbeit des Kinderbauernhofes zu bewältigen sind und die unzähligen anderen Aufgaben, die es zu lösen gilt. Ich freue mich auf die neue Herausforderung und genieße noch einmal die Ruhe des verschlafenen Spreewalddorfes.

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