Der Weg ist das Ziel ....

Eine allgemeine Beschreibung der aktuellen Situation des Hofes zum 16. Geburtstag.
Von Annett Rose & Thomas Hetzer
 
.... ist ein schöner Allgemeinplatz in den Konzepten vieler Kinder- und Jugendprojekte. Doch wer im Alltag auf der Suche nach dem rechten Weg ist und sich bei knappsten Proviant immer wieder auf der Stelle treten sieht, sehnt sich gelegentlich am Ziel zu sein. Für den Pankower Kinderbauernhof Pinke-Panke war das Spielhaus immer ein Ziel. Jetzt scheint es zum Greifen nah.
Der Weg begann 1991 auf einem Mauergrundstück zwischen den Berliner Bezirken Pankow, Wedding und Reinickendorf. Die Mauer war bereits abgerissen, doch die Spuren des Grenzstreifens noch sichtbar, als der vom Bezirk eher widerwillig zugewiesene Platz mit Bauwagen eine erste Struktur und ein erstes Gesicht erhielt. Dass in diesen Jahren Wagenburgen an verschiedenen Orten Berlins die Schlagzeilen der Boulevardblätter füllten, machte den Start nicht einfacher: "Das sind doch bestimmt auch so welche!"
 
Schritt für Schritt entstanden Ställe und Scheune in Fachwerkbauweise und konnten die meisten Bauwagen ersetzen. Der Bauspielplatz wurde eröffnet, Spielflächen und Abenteuerräume gestaltet und für die vielfältigen Werkstätten wurde der Grundstein für ein großes Werkstattgebäude in Fachwerkbauweise gelegt. Jedes Bauwerk wurde anders geplant, anders finanziert, anders gebaut. Jedes Bauwerk ist einzigartig und trägt zum einzigartigen Charakter des Platzes bei. Es ist erkennbar, dass Pinke-Panke wie ein Bauernhof gewachsen ist. Wenn der Bauer Geld hatte, wurde gebaut, angebaut oder renoviert.
 
Geld war meist nicht da, denn einigen Bezirkspolitikern waren "die Wagenburgler" aus Prinzip suspekt. Die Häuser wurden in Eigenleistung oder mit ABM-Kräften gebaut, das Material aus Spenden, einer Erbschaft oder Mitteln aus Sonderprogrammen des Bundes oder Landes bezahlt. Rückblickend war der Start nach der Wende - Dank vieler Sonderprogramme - leichter als der heutige Kampf, um den Erhalt des Geschaffenen. Selbst das geplante Spielhaus schien machbar, als es sich 1994 auf einem hinteren Platz in der Investitionsplanung des Bezirkes auf den Weg machte.
Schwieriger war und ist die Finanzierung der Personalkosten. Mit dem Auslaufen von Sonderprogrammen und Fördermaßnahmen der Wendezeit wurden (ABM-)Stellen gestrichen und Zuschüsse reduziert. Das forderte zum Teil schmerzhaften Tribut, wie die zwangsweise Trennung von Mitstreitern der ersten Jahre und die ersten größeren spürbaren Einsparungen für die Projektarbeit.
 
Strukturelle Umstellungen mit einer immer stärkeren betriebswirtschaftlichen Ausrichtung sicherten die geforderten und die darüber hinaus erforderlichen Eigenmittel zur Absicherung des täglichen Betriebes mit umfangreichen Öffnungszeiten ganzjährig an sechs Wochentagen einschließlich Wochenende, den zusätzlichen Angeboten wie Geburtstagsfeiern und Serviceangeboten wie die Urlaubsbetreuung von Haustieren. Die zuvor undenkbare Höhe von ca. 35.000 Euro Spenden und Eigenmittel gleicht Jahr für Jahr den Haushalt aus.
Wege kreuzen sich
 
Der Platz ist weiter gewachsen, die Angebote sind vielseitiger geworden und der Zulauf der Kinder ungebrochen. Mit seinen Fachwerkhäusern, der Gestaltung der Anlage und den vielfältigen Möglichkeiten hat Pinke-Panke bereits sein unverwechselbares Gesicht und ist als Oase in der Großstadt beliebtes Ziel und Angebot nicht nur für Kinder und Familien.
 
Täglich kommen die Stammkinder zu ihren Tieren, ihren Hütten, auch ihren Betreuern. An den Wochenenden fallen sie kaum auf in der Vielzahl von Familien mit Kleinkindern und Wanderern, die vom Panke-Wanderweg ein paar Schritte zu Kaffee und selbstgebackenem Kuchen abweichen. Häufig wird der Kuchen serviert oder das Geschirr abgewaschen von Jugendlichen, die im Programm "Arbeit statt Strafe" nicht ganz so freiwillig auf Pinke-Panke verweilen oder von Jugendlichen im etwas freiwilligeren "Freiwilligen ökologischen Jahr".
 
Der Platz hat sich zur eierlegenden Wollmilchsau entwickelt: Einrichtung für Lückekinder, dabei Kinderbauernhof und Bauspielplatz zugleich, Klassenzimmer für Projekttage und Ausflugsziel für Kitagruppen und Schulklassen, Einrichtung für Praktika, Berufsvorbereitung, Aus- und Weiterbildung, der Jugendsozialarbeit und Jugendgerichtshilfe, Ort für Familienausflüge und Geburtstagsfeiern, Urlaubsquartier für Haustiere, Ziel botanischer Exkursionen und internationaler Begegnungen und Fotoobjekt für Freunde des Fach- und Handwerks. Da der Kinderbauernhof außerdem ganzjährig und auch feiertags geöffnet ist, sich all diese Menschen hier an der Schnittstelle dreier Bezirke und sehr unterschiedlicher Wohnquartiere begegnen, ist er ein Beitrag für eine lebendige Stadt.
Lebendige Stadt
 
Selbstverständlich beteiligte sich Pinke-Panke daher an der Ausschreibung der gleichnamigen Stiftung. 2006 richtete die Stiftung die Frage, was eine Stadt lebendig macht, an Spiel- und Freizeitplätze. 284 Plätze reichten ihre Bewerbungen ein, um als bester Platz ausgezeichnet zu werden. Eine Fach- und eine Kinderjury wählten acht preiswürdige Plätze aus. Einer davon war der Kinderbauernhof Pinke-Panke. Für die Kinderjury war Pinke-Panke klar der Beste, doch bei der Preisverleihung im Dezember im Bremer Rathaus wurde der Georg-Freudenberg-Platz in München mit dem ersten Preis und dem damit verbundenen Preisgeld von 15.000 Euro ausgezeichnet.
 
In seiner Laudatio für Pinke-Panke berichtete Alexander Otto, Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung "Lebendige Stadt" nicht ohne Schmunzeln von den Bemühungen der Kinderjury, ihren Favoriten Pinke-Panke auf den ersten Platz zu heben. Natürlich hatte es ihnen vor allem der Tierbereich angetan, die Möglichkeit, als Stadtkinder Tiere so nah, intensiv und ohne Eintritt (fast) jederzeit sehen und erleben zu können. Aber richtig: Kinderbauernhöfe sind nicht neu und die Architektur - ganz bewusst traditioneller Fachwerkbau - ist es auch nicht.
 
Doch in einem Fachwerkbau, dem neuen Spielhaus, dessen Hülle in den letzten Jahren ohne bezirkliche Investitionsmittel entstand, wurde die Anerkennung in Anwesenheit der Berliner Staatssekretärin für Stadtentwicklung Hella Dunger-Löper, die auch Mitglied im Stiftungsrat "Lebendige Stadt" ist, gefeiert. Auch wenn das Fachwerk steht und die Lehmarbeiten weitgehend abgeschlossen sind, fehlen noch die unsichtbaren und trotzdem teuersten Teile des Hauses: Wasser-, Gas- und Elektroanschlüsse und -leitungen. Dies scheint auch einigen Gästen aufgefallen zu sein, denn in den Wochen danach erhielten wir eine Förderzusage für die Fertigstellung des Spielhauses aus einem Programm für soziale Stadtsanierung.
Es gibt was zu feiern
 
... und ein wenig scheint Pinke-Panke am Ziel. Denn das Spielhaus ist das letzte geplante Bauwerk. Und auch der diesjährige Geburtstag im Mai betonte mit seinem Blick zurück dieses Gefühl. In einer Revue wurden die Feiern und Werkstätten, die Menschen und Tiere der letzten sechzehn Jahre in Erinnerung gerufen. Doch mit den Gästen, unter ihnen Eltern und Kinder aus der Anfangszeit - diese zum Teil schon selbst Eltern -, den Mitstreitern und Förderern wird wieder deutlich, dass der Weg das Ziel bleibt. Mit jedem Kind, das Pinke-Panke für sich neu entdeckt, ändert sich dieser Weg, wird das Ziel neu bestimmt.

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